Lösungen und Produkte

Problemstellungen lassen sich mit Funktionen und Produkten lösen. Ein Produkt bietet meist mehrere Funktionen, die für das Lösen einer Problemstellung eine wichtige Rolle spielen. Produkte sind in der Regel Teil einer Gesamtlösung, aber meist nicht die Gesamtlösung selbst.

Business und IT

Business ist eine Organisation, die eine Geschäftstätigkeit ausübt und Produkte auf dem Markt anbietet. IT ist die digitale Infrastruktur, welche diese Geschäftstätigkeit unterstützen und neue Produktmöglichkeiten schaffen soll. Business hat ein Interesse, dass sich die IT an den Geschäftsanforderungen orientiert und die eigene Wettbewerbsposition verbessert. Denn mit digitalen Daten ist vieles möglich, das in der analogen Welt nur schwierig oder gar nicht zu erreichen ist. So einfach das tönt, so komplex ist es in der Realität. Denn damit Daten zwischen unterschiedlichen Systemen und Programmen ausgetauscht werden können, braucht es Standards.

IT-Produkte zur Umsetzung der Geschäftsanforderungen

Zur Umsetzung braucht es Produkte, welche die benötigte Funktionalität bieten. Die sollten zweckmässig und kosteneffizient sein. Dafür müssen sie die gebräuchlichsten Standards unterstützen. Produkte kann man selber entwickeln, kaufen oder als Dienstleistung beziehen.

Was ist ein Produkt?

Ein Produkt ist ein Gesamtpaket, das aus Funktionalität, Kundennutzen, Kundenerlebnis und Kosten besteht. Diese vier Eckpunkte bestimmen auch grossteils den potentiellen Kundenkreis. Bei einer Eigenentwicklung ist der Kunde das eigene Unternehmen. Für den Kunden entscheidend ist dabei nicht nur die Funktionalität beim Abschluss der Entwicklung oder dem Kauf, sondern der Nutzen über die geplante Nutzungsdauer. Der Kundennutzen wird objektiv durch die Gesamtheit der Leistungscharakteristiken des Kernproduktes und den damit verbundenen Beitrag zur Problemlösung des Kunden bestimmt. Die Leistungscharakteristiken beinhalten nebst der Funktionalität auch die Implementierung. Funktionalität alleine ist kein Garant für ein kundenorientiertes und wettbewerbsfähiges Kundenerlebnis. Dieses bezieht sich auf die subjektive Erfahrung des Kunden, die er von der Produktberatung an – über den Kauf und die Inbetriebnahme – bis hin zum Ende der Produktnutzung macht. Dazu braucht es neben Benutzerfreundlichkeit und Integrierbarkeit auch einen für den Kunden effizienten Kundendienst. Dieser hilft dem Kunden bei produktspezifischen Problemstellungen und stellt sicher, dass der Kunde das Produkt während der Nutzungsdauer so wie geplant einsetzen kann. Die Produktentwicklung ist nicht mit der Verfügbarkeit des Produktes abgeschlossen, sondern ein fortlaufender Prozess.

Produkt: Selbst entwickeln oder kaufen?

Nicht jedes Unternehmen will oder kann eigene IT-Lösungen entwickeln. Selbst entwickeln macht nur für die Teilbereiche Sinn, für die keine geeigneten Lösungen auf dem Markt verfügbar sind. Die Einschätzung der Eignung ist subjektiv und von den jeweiligen Anforderungen eines Unternehmens abhängig. Gewünschte Funktionalität, Preis, Produktcharakteristiken und Produktverfügbarkeit sind einige der Kriterien. Ist man nicht selbst Anbieter von IT-basierten oder gar IT-Produkten, so machen Eigenentwicklungen allenfalls vorwiegend in zwei Bereichen Sinn: (1) Unterstützung interner Prozesse, und (2) Interaktionsschnittstellen mit spezifischer Funktionalität mit Dritten. Interaktionsschnittstellen mit Dritten braucht es einerseits für die eigene Webpräsenz und andererseits für das eigene Angebot, das digital verfügbar gemacht wird. Wenn man selbst entwickelt, so muss man gegen aussen Standards unterstützen, während gegen innen, also innerhalb des Produkts, viel Gestaltungsfreiraum vorhanden ist, um die gewünschte Funktionalität effizient umzusetzen. Eigenentwicklung ist nur dann sinnvoll, wenn gegenüber kommerziell erhältlichen Lösungen ein deutlicher Mehrwert geschaffen wird und so die eigene Wettbewerbsposition verbessert wird. Eine Eigenentwicklung kann einen substantiellen Wettbewerbsvorteil schaffen, der sonst nicht realisierbar wäre. Sowohl Eigenentwicklungen wie auch auf dem Markt erhältliche Produkte schaffen Abhängigkeiten.

Eigenentwicklungen

Bei den Eigenentwicklungen sind es das Know-How über die jeweiligen Eigenentwicklungen in Bezug auf Architektur und die Entwicklung. Das ist eine Abhängigkeit von der eigenen Organisation und den eigenen Ressourcen. Auch wenn eine Eigenentwicklung weitgehend abgeschlossen ist, muss ein genügend grosses Team für die Eigenentwicklung weiterbestehen, damit das Know-How  aufrecht erhalten werden kann. Auch ein operativ nutzbares Produkt muss unterhalten und weiterentwickelt werden. Sonst ist aufgrund der verwendeten Plattformen, Frameworks, und Bibliotheken der technische Stand schnell veraltet, die Nutzbarkeit im Verbund mit externen Ressourcen nicht mehr gewährleistet und der Wettbewerbsvorteil ständig abnehmend. Zudem geht mangels Aktivität das Know-How verloren, was negative Auswirkungen auf den Wert der Eigenentwicklung und die Aufrechterhaltung der damit verbundenen Funktionalität hat. Nur Leute mit beschränktem Verständnis begreifen nicht, dass eine Softwareentwicklung, die sich auf verfügbare Plattformen, Frameworks und Bibliotheken stützt, nie abgeschlossen ist. Denn diese Plattformen, Frameworks und Bibliotheken werden weiterentwickelt und abgeändert. Dabei werden unter anderem auch funktionale und sicherheitsrelevante Schwachstellen behoben, die wiederum eine direkte Auswirkung auf die Eigenentwicklung haben. Das sind Abhängigkeiten, die es bei jeder Eigenentwicklung, insbesondere von komplexen Systemen, zu beachten gilt.

Kommerzielle Produkte

Bei kommerziell erhältlichen Produkten gilt für den Anbieter des Produkts all das Vorgenannte für Eigenentwicklungen und es kommen für den Kunden noch die jeweilige Implementierung, die Geschäftspolitik und die Produktpolitik des Herstellers dazu. Es gibt keine Garantie, dass ein Hersteller seine Produkte künftig in der gleichen Form weiterentwickelt oder anbietet. Es gibt keine Garantien dafür, dass der Anbieter funktionale oder sicherheitsrelevante Schwachstellen und Fehlfunktionen behebt. Nichts hindert den Anbieter daran, seine Produkte oder gewisse Funktionalitäten von der Nutzung seiner Cloud-Angebote abhängig zu machen. Das ist, was auf dem Markt zurzeit zu beobachten ist und das hat direkte Auswirkungen auf die IT-Struktur auf Applikations- und Datenebene, auf die Organisation und die Prozesse. Dazu kommt, dass die Preismacht beim Anbieter liegt und diese durch die zwangsweise Nutzung seiner Cloud-Angebote noch deutlich erhöht wird. Der Aufwand für Kunden, den Anbieter zu wechseln, wächst ständig, und damit auch die Abhängigkeit.

Die Qual der Wahl

Business muss seine Erwartungen und Erfordernisse insbesondere in Bezug auf Funktionalität, Verfügbarkeit und Sicherheit klar kommunizieren, damit ein belastbares Pflichtenheft (Requirement Document) erstellt werden kann. Je nachdem, in welchem Bereich der IT eine Beschaffung ansteht – Infrastruktur, Kommunikation oder Applikation – sind die Anforderungen unterschiedlich. Als Unternehmen muss man sich immer fragen, welche Assets strategisch sind. Das gilt für alle Bereiche der IT. Wie der renommierte und weltweit bekannte RZ-, Cloud, Netzwerk- und Applikationsexperte Ivan Pepelnjak klar festhält, ist diese Klassifizierung z.B. für den Bereich Netzwerk entscheidend dafür, ob man etwas selbst betreibt oder nicht und ob man primär in möglichst funktionsreiche kommerziell verfügbare Produkte investiert, oder primär in eigene Leute. Ähnliches gilt auch für den Betrieb einer eigenen IT-Infrastruktur und für die Business-Applikationen. Business und IT stehen in einer Wechselwirkung. Wird für eine Produktentscheidung der Anbieter von vornherein höher gewichtet als das Produkt, so schliesst das auch von vornherein einen Best-of-Breed-Ansatz aus. Das hat dann wieder Auswirkungen auf die IT und auf das Business.

Was nicht übersehen werden darf, sind der Konfigurations- und der Einführungsaufwand. Der fällt in allen Bereichen an: Infrastruktur, Netzwerk und Applikationen. Bei Letzteren betrifft es zudem nicht nur die IT und deren Leute, sondern auch die Benutzer. Dazu kommen oft noch betriebsspezifische Erweiterungen für Businessapplikationen, wobei sich diese nicht nur auf on-premise-Installationen beschränken. Gehören die vorhandenen organisatorischen Strukturen und die Prozesse in einem Unternehmen zu den Wettbewerbsvorteilen, so sind sie ein strategisches Asset. Damit dieses nicht verloren geht, kommt man nicht darum herum, Businessapplikationen an die eigenen Erfordernisse anzupassen. Das ist nichts Aussergewöhnliches und geht ins Geld. Dieser Aufwand wird oft unterschätzt. Insbesondere die Tatsache, dass auch diese Anpassungen gewartet, unterstützt und weiterentwickelt werden müssen.

Zwei Beispiele: Salesforce startete mit dem Slogan «No Software» als CRM-Applikation. Heute sieht sich Salesforce als Plattform, weil sich Salesforce ohne zusätzliche Eigenentwicklung des Kunden nicht an die betrieblichen Erfordernisse (Organisation und Prozesse) anpassen lässt. Und für eine Plattform braucht es Tools und Entwickler. Die Tools findet man hier. Und der eigene Entwicklungsaufwand kommt zu den Kosten für Salesforce obendrauf. Mit SAP verhält es sich gleich. SAP hat aber im Gegensatz zu Salesforce nie behauptet, dass es keinen Zusatzaufwand braucht. Die Tools findet man hier . Ähnlich sieht es bei Microsoft und vielen anderen aus.

Partielle oder vollständige Eigenentwicklungen sind für geschäftsorientierte Applikationen, für Web-Applikationen und für viele Produktionssteuerungen eher die Regel als die Ausnahme. Der Grund liegt darin, dass die Kundenerfordernisse individuell sind und sich daher viele Anbieter lieber als Plattformanbieter und nicht als reiner Applikationsanbieter sehen möchten. So ist der adressierbare Markt deutlich höher. Das Ausmass der Eigenentwicklung wird durch die Konfigurierbarkeit einer Applikation und durch die Geschäftserfordernisse definiert.

Das Pflichtenheft muss die erwartete geschäftliche Entwicklung und die erwartete Entwicklung der eigenen IT für die ersten fünf Jahre nach Inbetriebnahme berücksichtigen. Dabei muss auch das Umfeld des Bereichs, für den eine Lösung gebraucht wird, miteinbezogen werden. IT-Umgebungen werden immer komplexer. Gleiches gilt für die kommerziell verfügbaren Produkte und Plattformen.  Diese müssen auf allen Ebenen in die bestehende oder künftige IT-Umgebung integriert werden können. Weiss man nicht, was man braucht, was man will und wie man etwas wofür einsetzen will, dann wird es problematisch.